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Bald müssen sie auch ins Zelt

In Pikpa auf Lesbos leben besonders schutzbedürftige Flüchtlinge in Holzhütten mit Strom und fließendem Wasser. Nun will die Regierung ausgerechnet dieses Camp schließen.

Einmal besuchte sie die Burg im Touristenort Molivos, im Norden von Lesbos. Es gibt Ausblicke, die seien so schön, „die tun richtig weh im Herz“, sagt sie. Samira, die ihren echten Namen aus Sicherheitsgründen nicht nennen will, stützt ihre Hände neben der heißen Kochplatte ab. Die Kardamonknospen brodeln an die Kaffeoberfläche und füllen die Holzhütte mit einem Geruch von Pause aus. „Wenn die Menschen uns hier ankommen lassen würden,“ sagt sie. Sie zieht die Luft durch ihren schmale Lippen. „Oder besser, die Regierung.“

Zwei Jahre ist es her, dass das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR die 38-jährige mit ihrem siebenjährigen Sohn und ihrem Mann aus dem überfüllten Moria in das Solidaritätscamp evakuierte. „Damals konnte ich gar nicht mehr aufstehen,“ sagt Samira. Mit einer chronischen Nierenerkrankung lag sie wochenlang mit einem Katheter auf einer Liege in einem Container. Zur nächsten Dusche waren es fast zwanzig Minuten zu Fuß. Mit nur einem Militärarzt im Lager war eine ausreichende Gesundheitsversorgung nicht möglich. Die anderen humanitären Organisationen, können nur mehr die Ränder der riesigen medizinischen Versorgungslücken füllen. Chronisch kranke Patientinnen wie Samira, bleiben daher oft monatelang unterversorgt. Sie hatte als eine der wenigen Menschen im Lager das Glück nach Pikpa transferiert zu werden.